Minister Lindemann über "Dioxin-Freiheit"
Gert, heißt er, nicht Erwin! Um Verwechslungen vorzubeugen, sah sich die Hannoversche Allgemeine genötigt, den bis dato noch vollends fremden neuen niedersächsischen Agrarminister, Gert Lindemann, vorzustellen, der gestern auch im Landtag eine großartige Rede zum Besten gab.
Erhöhte Verwechslungsgefahr: Loriots Lindemann - auch ein Gewinnler!
Lindemann: Forderung nach Dioxin-Freiheit
„Ich weiß, Dioxin ist ein Reizwort, und die Forderung nach Dioxin-Freiheit liegt auf der Hand“
, sagt Niedersachsens Agrarminister und Groteluschens Nachfolger, Herr Lindemann (CDU).
Dioxin-Freiheit - ein völlig neues Schlagwort, das nun aus Lindemanns Feder in den Medien kursieren wird, ist laut Lindemann nur schwer zu gewährleisten. „So einfach ist das Leben nicht!" Wer allerdings so offen für eine Freiheit von Dioxin wirbt und diese fordert, der dürfte es lange nicht so schwer haben, wie Lindemann betont.
Dioxine sind ja, wie langhin bekannt ist, infolge "natürlicher Ursachen" (?) und als Folge unseres Lebensstils überall - sogar oftmals völlig frei - in der Umwelt verbreitet, und wir finden sie deshalb auch nun häufiger in vielen Lebensmitteln. Die Rede von Dioxin-Freiheit soll nun vor allem niedersächsiche Verbraucher beruhigen. Das Gift, das überall in der Umwelt vertreten ist, ist wohl nicht mehr wegzudenken. Also, liebe verbrauchende Bürger, findet euch damit ab. Ob eine Freiheit für Dioxin daher alternativlos ist, ist bislang noch gar nicht in der Diskussion gewesen. Minister Lindemann hat nun als erste Amtshandlung sozusagen Dioxin-Freiheit mit in die Debatte eingebracht.
Lindemanns Rezept: "Wir haben nur die Chance, die Dioxinaufnahme zu minimieren, darum zu kämpfen, dass jede vermeidbare Aufnahme abgestellt wird.“ Dies scheint nun aber wirklich alternativlos zu sein.
Wohl Nur deshalb hatte man vor Kurzem zu einem „bisher einmaligen Ereignis im Verbraucherschutz“ gegriffen, erst einmal nicht ganz so genau hingesehen, gegenüber NRW, Frau Aigner und Berlin erst einmal die niedersächsische Dioxinfreiheit verschwiegen und als es dann nicht mehr zu verbergen war, dann sogar rund 4400 landwirtschaftliche Betriebe sperren lassen. Vorsorglich, wohlbemerkt.
Lindemann (62) ist, wie man an seinen exakten Formulierungskünsten sieht, ein Prädikatsjurist alter Schule, der einst als Staatsanwalt begann, doch seit einem Vierteljahrhundert als Agrarexperte gilt, weil er Waldbesitzer, passionierter Jäger, Liebhaber von klassischer Musik und ein alter Fuchs ist, attestiert ihm die
Hannoversche Allgemeine Zeitung
sehr bemüht.
Kein Systemfehler erkannt
Lindemann betont, dass „der Dioxin-Eintrag kein Systemfehler“ gewesen sei – „auch wenn die Grünen fast reflexhaft nach einer Agrarwende“ riefen. Wo kein Systemfehler ist, werden daher wohl auch keine Fehler gemacht, schon gar nicht im System. Dass nun überlegt werde, verstärkt über Produktion und Preisdumping innerhalb der deutschen Agrarwirtschaft überhaupt näher nachzudenken, hält Lindemann offenbar für unnötig, weil er ja die Dioxin-Freiheit in seiner Ansprache längst propagiert hat. Neben klassischer Musik, die der Minister liebt, sprach er auch von klassischen Strukturen der Landwirtschaft, in der Kriminelle eine große „Sauerei“ verursacht hätten. Über die Ursachen, die zu dieser Kriminalität geführt haben, hat uns Lindemann nichts zu sagen.
Bio-Nahrung nur zufällig giftfreier?
Dass gerade Bio-Betriebe nicht von Dioxin betroffen sind, sieht Lindemann als „eher ein Zufall und keineswegs schlüssige Logik.
Lindemann hat damit eindeutig Farbe bekannt. Anders sein Ministerpräsident McAllister (CDU). Der habe sich durchlaviert, erst wochenlang in der Staatskanzlei „versteckt“ und sich durch „sträfliches Nichtstun“ im größten Lebensmittelskandal des Landes ausgezeichnet. Das hohe Rentenalter des Groteluschen Nachfolger verführt bereits jetzt einige zu Spekulationen, ob das dioxinfreiende Lindemännchen denn noch lange genug für das landwirtschaftliche Gedeihen Niedersachsens zur Verfügung stehe.