Quelle: El Urinal Braunschweig von Younghart
Die Überreaktionen in Braunschweig nehmen zu: Strafanzeige gegen Parteifreund Höttcher (CDU) wegen Duldung eines illegalen Tempo-30-Schildes auf seinem Grundstück, Aufforderungen an städtische Angestellte zu dienstlichen Stellungnahmen und gegen Hoffmann beantragtes Parteiordnungsverfahren in der CDU (Vorwurf: "despotisches und parteischädigendes Verhalten"). Der Frust sitzt tief. Hinzu kommen erkennbares Misstrauen im Rathaus von unten nach oben und umgekehrt ("Sie kennen doch unseren obersten Chef ..."), gescheiterte Projekte 5-Sterne-Hotel und Spaßbad und dann sind noch erwartete 11,5 Mio. Euro EU-Förderung für den Flughafenausbau futsch. Da freute man sich, zur Abwechslung mal auf die Jagd nach Wildpinklern gehen zu können.
Aber kaum hatten sich Satiriker dieses Themas wie im Beitrag "TOP 5 Pissecken in Braunschweig" angenommen, gab es schon wieder neuen Ärger: Man forderte einen der Urheber auf, den Beitrag zu löschen, sonst gäbe es eine Strafanzeige. Offenbar hatte man das seinerzeitige, vollkommen überzogene Vorgehen gegen den Braunschweiger Künstler und satirischen Schriftsteller Hartmut El Kurdi vergessen, das bundesweit für Aufsehen erregt hatte. In Wikipedia wird dazu dokumentiert:
"Hoffmann fühlte sich von El Kurdi wegen dessen satirischer Texte und des Verweises auf Hoffmanns frühere NPD-Mitgliedschaft angegriffen und hatte daraufhin die Mitarbeiter der Braunschweiger Stadtverwaltung angewiesen, bei offiziellen Anlässen nicht mehr als Repräsentanten der Stadt gemeinsam mit El Kurdi aufzutreten, was de facto einem Auftrittsverbot El Kurdis bei städtischen und städtisch finanzierten Kulturveranstaltungen gleich kommt. Das zumeist kritische Echo in den Medien auf das Agieren des Oberbürgermeisters reichte von "überzogen" bis "versuchte Einschränkung der Meinungsfreiheit". Vom Deutschen Kulturrat wurde Hoffmann für sein Verhalten gegen El Kurdi gerügt. Hoffmann nahm die umstrittene Anweisung trotz erheblicher Kritik nicht zurück.
Von dem NPD-Landesverband wird der Oberbürgermeister von Braunschweig Dr. Gert Hoffmann auf deren Homepage wiederholt als alter Kamerad bezeichnet.[1] Hoffmann hat es bisher unterlassen, sich öffentlich von seiner ehemaligen Partei zu distanzieren und/oder um Unterlassung zu bitten."
Trotz der Rüge des Deutschen Kulturrats an Hoffmann berichtet selbst Jahre danach Anfang Mai 2010 die von vielen als Hoffmann hörig eingestufte, selbst ernannte "Bürgerzeitung": "Bereits 2007 hatte es einen Eklat mit dem Satiriker Hartmut El Kurdi gegeben, der dabei den Kürzeren zog und nach Hannover umsiedelte." Allerdings hat man - anders als die Bürgerinnen und Bürger - offenbar bis heute nicht begriffen, wer denn nun eine Rüge kassiert und wer damit den Kürzeren gezogen hatte.
Der, der damals tatsächlich den Kürzeren gezogen hatte, zog dessen eingedenk im Falle der Top 5 Pissecken die Notbremse und beschied hinsichtlich der Androhung einer Strafanzeige gegen einen Urheber der Pinkel-Satire laut Pressemitteilung vom 4.5.2010 seine Verwaltung: "Bei der Aktion handelt es sich offenbar um eine falsche Einschätzung der Verwaltung und um eine Überreaktion."
Die dem Image der Stadt Braunschweig nicht sonderlich zuträgliche Pressemitteilung "OB stoppt Vorgehen gegen Internet-Satire" findet man natürlich nicht im Presseportal der Stadt Braunschweig, sondern - für den normalen Leser ein wenig umständlich - u.a. im Presseservice. Die einzige Pressemitteilung vom gleichen Tage im Presseportal der Stadt Braunschweig lautet daher mit positiv stimmender Wahrnehmung "Blumenmeer auf dem Domplatz". Ein Schelm wer Schlechtes dabei denkt.
Andere Überreaktionen wie die Abschirmung des Hoffmann’schen Büros durch eigens herbeigeholte Sicherheitskräfte anlässlich der Teilnahme friedlicher Demonstranten an der Sitzung des Schulausschusses am 28.5.2010 gegen die Schließung der Grund- und Hauptschule Schuntersiedlung feiern jedoch in Braunschweig weiterhin fröhliche Urständ. Natürlich alles auf Kosten der Steuerzahler.
[1] Bericht über Gert Hoffmann auf der Webseite der NPD Niedersachsen