JETZT SCHON? - Ganzseitiger NACHRUF für den scheidenden OB Hoffmann
In der nB (neuen Braunschweiger Zeitung vom 6.11.2011) widmet man dem scheidenden OB Dr. Gert Hoffmann eine ganze Seite, bunt und in Farbe. Sehr unüblich! Aber es geht ja laut des ebenfalls scheidenden Steigbügelhalter Sehrt (CDU) um den Abgang des für ihn "erfolgreichsten Verwaltungschefs, den wir je hatten." Mit "wir" meint er wohl seine Braunschweiger CDU-Fraktion. Aber Scheidenden soll man ja nichts Schlechtes nachrufen, also haben sich des Weiteren die Vertreter anderer Fraktionen zur hoffmann'schen Regide geäußert.
Steckenpferde?
SPD - verfrühter Nachruf des OB und verspätete Entscheidungen
SPD-Chef Pesditschek vergleicht den OB mit einem "Staatsoberhaupt" und findet beachtlich, dass er seinerseits noch kein Staatsoberhaupt vor Hoffmann gekannt habe, der bereits während seiner Amtszeit eine Bilanz vorgelegt habe. Die kam ungefragt, zweifellos. Offenbar hat sich der OB gedacht, seine "positiv" gestaltete Bilanz noch zur nächsten Landtagswahl öffentlich zu stellen, verspricht sich dieses Mal womöglich den umgekehrten Effekt, der sich bei der erst kürzlichen Kommunalwahl laut Hoffmann ereignet haben soll. Dort soll nämlich Merkels schlechte Bundespolitik der CDU-Braunschweig sehr geschadet haben.
Pesditschek weiter: "Und ob so ein verfrühter Nachruf sinnvoll ist, das sei mal dahingestellt." Pesditschek kritisiert vor allem die Lahmarschigkeit, mit der Entscheidungen, die laut Pesditschek "quälend lange dauern", führt dazu allerdings das von den Bürgern doch stark kritisierte Spaßbad als Beispiel an. Aber eindeutiger kritisiert der SPD-Chef die Finanzverkäufe, die von Hoffmann als "Wunder" verkauft wurden und die autoritäre Art des Verwaltungschefs. Aber er lobt dann auch die Verträge, die für den Verkauf der Versorgungs-AG abgeschlossen worden seien in der Amtszeit des OB.
Grüne Braunschweig und die zuletzt lachende Sonne
Holger Herltischke von den Braunschweiger Grünen meinte, auf die Frage, was er an OB Hoffmann schätze? nur, dass ihm da eine schwierige Frage gestellt würde. Auch er nennt wie Pesditschek dann vor allem "Durchsetzungsvermögen", bei dem jedoch "manches auf der Strecke geblieben" sei in der Vergangenheit. Er lobt aber die gesteuerte Informationspolitik des OB und findet sie verständlich in der Rats-Gemengenlage. Bei der verfrühten Bilanz, die Hoffmann vorgelegt habe, schmücke sich der OB mit fremden Federn. Die Arbeit beim BKB-Vertragswerk hätte Gisela Witte (Herlitschkes Vorgängerin) gemacht, um Kinderbetreuung kümmere sich Elke Flake. Also ich wusste das nicht, Sie etwa?
Das ist bedauerlich - für die Grünen, insbesondere, wenn man sich selbst zum werkelnden Handlanger macht, Zuarbeit leistet, die dann am Ende der Chef allein für sich selbst verbucht. Irgendwie hat man dann versäumt, ein wenig mehr Öffentlichkeitsarbeit zu machen. Der OB darf sich also hier freuen und sein Licht nochmals auf den Scheffel stellen. Geschickt eingefädelt. Aber Herlitschke sieht's mit Humor und witzelt: "Wenn morgen früh die Sonne lacht, dann hat das der OB gemacht." Wie wär's damit, wenn es schon ein Nachruf mit Humor sein soll: "Wenn morgen früh die Sonne lacht, was hat dann Grün davor gemacht?" - Zusatz: "Sind erst vermutlich aufgewacht!"
FDP - "Sehr kooperativ!" Aber wer?
Voll des Lobes, der Wunsch-Koaltionspartner, der allerdings kaum noch vorhanden ist nach der Kommunalwahl. Sehr kooperativ! meint die nach der Wahl übrig gebliebene FDP-Einzelkämpferin, aber meint sie nun sich selbst als FDP-Mitglied oder die CDU? Die Beantwortung fällt schwer, ziemlich unklar. Man weiß gar nicht, wer hier wem kooperativ zugearbeitet hat?
Da der FDP die Felle wegschwimmen, lobt man sich jedoch hier in erster Linie selbst. "Denn viele Projekte sind von uns angestoßen worden...so die komplette Privatisierung ein 'ureigenes' Thema, auch die PPP-Schulsanierungen" so eine Frau Lehmann von den Liberalen Braunschweigs. Ist offenbar nicht rübergekommen beim Wähler, wie die sinkenden Wählerzahlen bei Braunschweigs FDP deutlich zeigen. Wenn dem so war, dann scheint offenbar auch die FDP einige Probleme mit der Autorität Hoffmanns zu haben.
Es stellt sich hier die Frage, ob es für die FDP besser ausgesehen hätte, hätte der Wähler von diesen tollen Privatisierungskonglomeraten der FDP gewusst, die dann der OB nur ausgeführt und davon offenbar auch nicht so recht hat profitieren können?!
Fragwürdige Finanzbilanz-Wunder
Heiderose Wanzelius (BIBS) antwortete diesem OB-Nachruf angemessen feierlich "Schatten zeigen sich". Dies bezieht Wanzelius vor allem auf die finanzielle Haushaltslage der Stadt. Die durch die OB-Politik "ausgegliederten Gesellschaften" müssten ja quasi noch ihre Hausaufgaben machen und ihrerseits Bilanzen vorlegen. Dann wird und kann sich ja erst zeigen, wie die Arbeits-Bilanz des OBs am Ende abschneiden wird. Haben- und Sollseite stehen nun einmal in einer echten Bilanz gegenüber.
Wanzelius weiter: Die Stadt sei mit Hoffmann "lebendiger" geworden.
Irgendwie trifft das ja auch zu, es gab vor seiner Amtszeit nicht viele bunte Bürgerveranstaltungen, Protestaktionen und Bürgerinitiativen. Und sie bemerkt auch des OBs "Steckenpferd", die Innenstadt. Ja, da hat er sich vorrangig gekümmert, die Dinge vor der eigenen Residenz sorgsam auf Glanz zu bringen. Die Randgebiete sind doch eben Randgebiete, und wer kommt dort schon vorbei? Ich meine, außer jenen, die dort ohnehin wohnen. Auch Wanzelius zählt Durchsetzungsvermögen, konzentriertes Anfassen der Themen zu den Stärken des scheidenden OBs.
OBerlehrerhaft und falsche Politik
Udo Sommerfeld (DIE LINKE) sprach hingegen direkt und ziemlich offen von "falscher Politik". Auch er betonte das autoritäre und die undemokratische Politik von Hoffmann, konsequent zwar, aber im Verfolgen einer falschen Politik. OBerlehrerhaft!
Fazit: Während die Fraktionen hier Kritik äußerten oder wie die FDP vergeblich ihren Anteil an gewissen Erfolgen darzustellen suchen, kommt am Ende jedenfalls bei mir nicht so viel Überzeugendes rüber.
Die neue frische Piratenpartei, die jetzt ja ebenfalls im Rat vertreten sein wird, wurde wohl gar nicht zur bisherigen Arbeit befragt. Möglich, dass man die Arbeit eines Verwaltungschefs mit seiner gesteuerten Informationspolitik nur dann einschätzen oder schätzen kann, wenn man im Rathaus schon sehr lange Zeit quasi wohnt. Aber das wird sich ja wohl zukünftig und dank der Piraten bald ändern. Sitzungen, Einsprüche und Rechte der Abgeordneten sollen ja in Videostreams öffentlich gestellt und damit für uns, den Souverän, transparenter werden, weniger gesteuert also. Das dürften vor allem nun auch Braunschweigs Grüne, die LINKE und die SPD, die ja "Bürgernähe" stets betonten und im besonderen Maße auch die BIBS begrüßen und fördern, die seit langer Zeit konsequent ihre Protokolle auf der Fraktionsseite und immer zeitnah veröffentlicht hat. Dank Technik, wird nun mehr Zeit für andere politische Arbeit sein und dennoch für Transparenz gesorgt.
Es wird sich einiges ENTERN!
Das Papierzeitalter des Informations-Steuermanns Hoffmann ist am Aussterben und mit ihm dann wohl auch die Politik eines Gert Hoffmann. Transparenz kann hier mehr Einblicke in die Rathausstuben, in die Sitzungsräume und in die wirkliche politische Arbeit aller Fraktionen bringen.
Eine neue Ära könnte anbrechen, wenn man sich hier nicht wieder auseinander dividieren lässt. Einigkeit macht nicht nur Schule, Einigkeit kann mehr!